Freitag, 4. Oktober 2019

Das Klimaschutzkonzept der Diözese Rottenburg-Stuttgart


Die Diözese Rottenburg-Stuttgart bekräſtigt ihr „Ja“ zum Klimaschutz - hier das Vorwort des Bischofs Dr. Gebhard Fürst. Umfassende Informationen zum Konzept unseres Bistums finden sich hier.

Mit dem vorliegenden „Integrierten Klimaschutzkonzept“ will sich die Diözese Rottenburg-Stuttgart ihrer Verantwortung für das Leben und Überleben künftiger Generationen auf dieser Erde stellen. Dass sich die Diözese dem Klimaschutz widmet, ist nicht neu. „Zum Wohl der Schöpfung handeln“ und „Solidarität im globalen Horizontüben“ sind als Handlungsziele fest in unseren Pastoralen Prioritäten verankert. Bereits im Jahr 2002 wurde die erste Photovoltaikanlage auf dem Dach des Bischofshauses installiert. Dies war die Initialzündung für die zahlreichen Initiativen und vielfältigen Projekte der Kirchengemeinden und kirchlichen Organisationen und Einrichtungen im Bereich des Klimaschutzes. Die Diözese Rottenburg-Stuttgart bündelt sämtliche Kräfte und Ressourcen für den Klimaschutzin einer umfassenden Klimainitiative, die sie seit 2007 der Öffentlichkeit vorgestellt hat. In den vergangenen 10 Jahren wurden viele Projekte kontinuierlich weiterentwickelt oder neu initiiert. So sind beispielsweise inzwischen alle Tagungshäuser der Diözese nach der europäischen EMAS-Norm zertifiziert. Alle zwei Jahre zeichnen wir besonders vorbildliche Umwelt- und Klima-Projekte mit dem Franziskuspreis aus, der mit 10.000 Euro dotiert ist. Dass das Engagement für die Schöpfung nicht an den Grenzen der Diözese Rottenburg-Stuttgart Halt macht, zeigt unser Engagement im Rahmen der weltkirchlichen Arbeit. So ist die Diözese am Auf- und Ausbau des Erneuerbare-Energien-Zentrums „Mithradam“ im südindischen Bundesstaat Kerala beteiligt – einer der ersten Institutionen dieser Art in Indien, die ausschließlich mit erneuerbaren Energien betrieben wird. Das vorliegende Klimaschutzkonzeptprofitiert in hohem Maße von der wertvollen Vorarbeit und den Erfahrungen in der Diözese nach 10 Jahren Klimainitiative.

Quelle: DRS

Rückenwind erhalten all unsere Initiativen und Konzepte durch Papst Franziskus. In seiner großen Umwelt- und Sozialenzyklika „Laudato si“ betont er die Verantwortung, die die Kirche für die Bewahrung der Schöpfung trägt. Als Teil der Gesellschaft ist die Kirche heute mitverantwortlich dafür, ob, wie und unter welchen Lebensverhältnissen künftige Generationen leben können. „Wir reden hier (...) von einer grundlegenden Frage der Gerechtigkeit, da die Erde, diewir empfangen haben, auch jenen gehört, die erst noch kommen“ so Papst Franziskus in Laudato Si (LS 159). Es wird zunehmend sichtbar, dass der Klimawandel bereits eingesetzt hat. In den reichen Industrieländern spüren wir v.a. die Schäden, die durch immer neue Wetterextreme angerichtet werden. In den armen Ländern des Südensist der Klimawandel für viele Menschen bereits heute eine tödliche Realität, die sich u.a. in Dürren, Missernten, Stürmen und Überflutungen bemerkbar macht. Mit diesem Klimaschutzkonzept hat die Diözese Rottenburg-Stuttgart einen Plan erarbeitet, wie sie in den kommenden Jahren ihren Beitrag leisten kann, den Klimawandel zu begrenzen. Wir stellen uns ganz ausdrücklich hinter die Selbstverpflichtung, die die Weltgemeinschaft mit dem Klimaschutzabkommen von Paris eingegangen ist – nämlich die Begrenzung des weltweiten durchschnittlichen Temperaturanstiegs auf unter zwei Grad und das Ziel weltweiter Klimaneutralität bis zum Jahr 2050.

In den westlichen Industrieländern scheint es überaus fraglich, ob mit den gegenwärtig ergriffenen und noch geplanten Maßnahmen diese Klimaschutzziele erreicht werden können. Gegen einen wirklichen Klimaschutz gibt es – auch in unserer Gesellschaft – vielfältige Widerstände. Die Akteure der Wirtschaft fürchten um ihre Konkurrenzfähigkeit, wenn sie mit den Kosten des Klimaschutzes belastet werden. Auch vielen Privatpersonen ist effektiver Klimaschutz zu teuer. Sie vergessen dabei, dass die Schäden des Klimawandels noch teurer werden, wenn jetzt nicht entschieden umgesteuert wird. Andere sind nur sehr halbherzig unterwegs in ihren Bemühungen zum Schutz desWeltklimas, weil sie ihren gewohnten Lebensstil nicht missen möchten. Einige leugnen den menschen gemachten Klimawandel gleich ganz ab und stellen sich damit gegen den weitgehenden Konsens der Wissenschaften.

Die Diözese Rottenburg-Stuttgart hat sich das Ziel gesetzt, die Ziele des Pariser Klimaabkommens im eigenen Verantwortungsbereich, in den Kirchengemeinden und den kirchlichen Einrichtungen in den nächsten Jahren zu realisieren. Dazu sind wir verpflichtet vor dem Hintergrund unseres Glaubens an den biblischen Schöpfergott, der uns Menschen seine Schöpfung anvertraut hat, damit wir sie pflegen und bewahren. Bis zum Jahr 2050 werden wir unsere CO2-Emissionen um 85% reduzieren. Dieses Ziel stellt unsere Diözese vor eine große Herausforderung. Wir brauchen – auch in der Kirche – eine große Veränderung, einen Transformationsprozess, damit das schöpfungs-freundliche Handeln immer mehr zur Selbstverständlichkeit wird – im Umgang mit unseren Gebäuden, in der Pastoral und Bildungsarbeit, beim Einkauf und in der Mobilität. Die Mitglieder unserer Kirchengemeinden, die kirchlichen Mitarbeiter/-innen sind herausgefordert, umzudenken, sich neu zu orientieren. Wir sind alle, von der Leitung bis zur Basis, von Jesus Christus zur Umkehr, zur „Metanoia“ aufgerufen. Klimaschutz und schöpfungsfreundliches Handeln müssen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten immer stärker zu einer Querschnittsaufgabe für das gesamtekirchliche Leben in der Diözese werden, die von niemand mehr ignoriert werden kann.

Diesem Transformationsprozess darf sich auch unsere Gesellschaft nicht entziehen. Um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen, müssen sich Gesellschaft und Wirtschaft in den kommenden Jahren und Jahrzehnten in der Breite auf das übergreifende Ziel des Klimaschutzes ausrichten. Kosmetische Veränderungen und Rechentricks reichen nicht aus. Daher rufe ich auch alle Kirchengemeinden, die kirchlichen Einrichtungen und Verbände in der Diözese auf, mitzumachen, selbst aktiv zu werden und dieses Klimaschutzkonzept mit Leben zu erfüllen. Die Diözese wird sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten gerne dabei unterstützen. Unsere Verpflichtung zum Klimaschutz ist im christlichen Schöpfungsglauben begründet und daher unabhängig von Zeitströmungen und wechselnder medialer Aufmerksamkeit für das Thema Klimaschutz. Das vorliegende Klimaschutzkonzept ist aber nicht nur eine Selbstverpflichtung nach innen. Es versteht sich auch als Botschaft an die ganze Gesellschaft. Die Kirche positioniert sich als Anwältin der bedrohten Schöpfung und folgt Papst Franziskus im Lob Gottes für sein Geschenk, diese wunderbare Schöpfung zu erhalten. Ich danke allen, die an der Ausarbeitung dieses Klimaschutzkonzepts beteiligt waren. Allen voran der FEST Heidelberg,außerdem dem Strategieentwicklungsteam Klimainitiative und der AG Klimaschutzkonzept.

Dr. Gebhard Fürst
Bischof

[mc]

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