Freitag, 13. März 2020

Im Krisenmodus - Corona vs. Klimakrise?!

Zugegebenermaßen - aktuell fällt es wirklich schwer sich auf die Dinge zu konzentrieren, die wir uns hier eigentlich für die Fastenzeit vorgenommen hatten ... wir entschuldigen uns dafür, dass die Aktivität auf dieser Seite nicht so ist, wie wir uns das selber gewünscht hätten.

Einen Kommentar zur aktuellen Krisensituation haben wir heute auf Spiegel Online gefunden. Ohne die nun angestoßenen Maßnahmen der Regierungen schmälern zu wollen, um bestmöglich auf die aktuelle Pandemie zu reagieren - nachdenkenswert finden wir diesen Kommentar auf jeden Fall.

Wir haben den originalen Kommentartext von Christian Stöcker (Spiegel Wissenschaft vom 8.3.2020) hier eingestellt:

Corona- vs. Klimakrise - Zweierlei Maß
Christian Stöcker (Spiegel.de)

Covid-19 legt Teile der Weltwirtschaft lahm, Notenbanken senken die Zinsen, Regierungen verkünden drastische Maßnahmen. Warum funktioniert das nicht bei der ungleich gefährlicheren Katastrophe, die uns droht?

Eigentlich verbietet es sich ja, sich diesen Gedanken, diesen Vergleich zu gestatten. Immerhin sterben Menschen durch das Coronavirus, jeden Tag, es sind schon Tausende Opfer und werden womöglich noch viel mehr. Jede Maßnahme, die der Eindämmung des Virus und dem Schutz vor allem von Risikogruppen gilt, ist gerechtfertigt.
Und gravierend sind viele dieser Maßnahmen und ihre Konsequenzen ja: Das Virus wird womöglich zu einer globalen Rezession führen, Lieferketten werden lahmgelegt, in Teilen Chinas, Koreas und Italiens ist das öffentliche Leben praktisch zum Erliegen gekommen. In China hat die Reaktion auf das Virus offenbar zu einem so deutlichen Rückgang der Luftverschmutzung geführt, dass man die sogar auf Satellitenaufnahmen erkennen kann. Notenbanken senken Zinsen, Regierungen erwägen Investitionspakete, ganze Branchen ändern ihre Planung und ihre Prioritäten.
Auch im Alltag schlägt sich die Virusgefahr nieder: Atemschutzmasken sind bekanntlich ausverkauft, die Menschen in westlichen Industrienationen füllen ihre Keller mit Notfallvorräten, Händeschütteln zur Begrüßung wird in offiziellen Schreiben für unerwünscht erklärt. Husten- und Niesetikette, Abstandsregeln - jeder und jede Einzelne ist gefordert, etwas dafür zu tun, dass sich das Virus nicht noch weiter ausbreiten kann. Das ist gut, richtig und sinnvoll.

Und dann ist da diese andere potenzielle Katastrophe, ebenso global. Und wenn wir nicht bald zu handeln beginnen, ist sie noch weit gefährlicher als Covid-19 es je sein könnte. Glauben Sie nicht mir, glauben Sie den Ökonomen einer Bank, die bis heute ständig Großprojekte zur Ausbeutung fossiler Brennstoffe finanziert: "Wir können katastrophale Entwicklungen nicht ausschließen, die das menschliche Leben an sich, wie wir es kennen, bedrohen." Das steht in einem geleakten internen Bericht der Bank JP Morgan.

Zur Illustration ein paar aktuelle Nachrichten zum Thema Klima:
Keine aktuellen Nachrichten, aber trotzdem weiterhin aktuell: Die Wahrscheinlichkeit ist schon jetzt sehr groß, dass die Korallenriffe des Planeten den menschengemachten Klimawandel nicht überleben werden. Das bringt die Ökosysteme der Ozeane als Ganzes in Gefahr. Die Permafrostböden in der Arktis tauen auf und setzen dabei Methan frei, das die Erderwärmung weiter beschleunigt. Jetstream und Golfstrom beginnen, auf die Klimaveränderung zu reagieren. In Brasilien ist ein Klimawandelleugner Staatschef, der das Abbrennen des Regenwalds für eine Art wirtschaftsdienliche Trollaktion hält.

Da fragt man sich doch: Warum führt diese eine Krise eigentlich zu so heftigen Reaktionen, und die andere, ungleich existenziellere, nicht? Warum laviert beispielsweise die EU mit ihrem neuen Klimagesetz weiterhin herum und schiebt durchgreifende Veränderungen auf die lange Bank? Anstatt endlich Maßnahmen zur Entkoppelung der Wirtschaft von der CO2-Erzeugung einzuleiten, die auch nur annähernd so durchgreifend sind, wie die Maßnahmen, die zur Covid-19-Eindämmung mit größter Selbstverständlichkeit ergriffen werden?

Ich bin übrigens bei Weitem nicht der Einzige, den diese Frage umtreibt, hier ein Beispiel von vielen.
Es gibt eine einfache psychologische Erklärung für die krasse Diskrepanz zwischen den Reaktionen auf das Coronavirus und denen auf die Klimakrise: Wir Menschen sind umso weniger bereit, unser Verhalten zu ändern, je weiter die vermuteten Konsequenzen des Nichthandelns entfernt scheinen, zeitlich wie räumlich. Noch extremer wird dieser Effekt, wenn auch nur ein Hauch Unsicherheit über die zu erwartenden Folgen herrscht. Das ist übrigens eine Information, die auch Politikern jederzeit zur Verfügung steht.



[mc]

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